Ein Q&A zur aktuellen Marktsituation

Helvetica, eine der führenden Real Estate Fund und Asset Management Firmen, trifft organisatorische Massnahmen zur optimalen Ausrichtung auf die Zukunft. Nach einer intensiven Wachstumsphase und im Kontext einer neuen Marktdynamik fokussiert sich Helvetica verstärkt auf Konsolidierung. Hans R. Holdener erklärt uns, was seine strategischen Prioritäten für die Neuausrichtung der Zukunft sind.

Interview: Stefan Mathys

Sie vergleichen Investieren in den Schweizer Immobilienmarkt gerne mit Segeln auf dem Zürichsee. Wie müssen wir diese Metapher interpretieren?
Lacht. Ja, die Risiken des Schweizer Immobilienmarktes sind wirklich wie Segeln auf dem Zürichsee: ruhig, langweilig, kaum Wind, vorhersehbar und fast ohne Risiko. Die internationalen Märkte hingegen ähneln dem Atlantischen Ozean: riesig, unvorhersehbar, voller Risiken, aber auch voller Chancen und unbestreitbar aufregend.

Gleichzeitig sind Sie der Meinung, der Schweizer Immobilienmarkt wäre unterbewertet. Worauf stützen Sie diese These?
Aus meiner Sicht ist der gesamte Immobilienmarkt in der Schweiz unterbewertet. Der Rendite-Spread im Wohn- und kommerziellen Segment liegt im Vergleich zu 10-jährigen Schweizer Staatsanleihen aktuell zwischen 3 und 5 Prozent, was sehr hoch ist. Wir haben eine historisch niedrige Arbeitslosigkeit, eine anhaltende Migration, wachsende Baukosten und eine seit Jahrzehnten sinkende Bautätigkeit. Im internationalen Vergleich zeigt die Schweiz über 25 Jahre hinweg eine der geringsten Wachstumsraten im Wohneigentum. Dazu kommt die Mietpreisentwicklung, die seit bald 20 Jahren deflationäre Tendenzen aufweist. Im fundamental robusten Schweizer Markt bieten Immobilienfonds eine sehr gute Kaufgelegenheit mit vielen Vorteilen gegenüber Direkt-Investitionen.

Immobilienfonds bieten eine sehr gute Kaufgelegenheit mit vielen Vorteilen gegenüber Direkt-Investitionen.
Hans R. Holdener, Gründer von Helvetica

Sie veräussern derzeit jedoch Immobilien aus Ihrem Portfolio, ist das nicht ein Widerspruch?
Keineswegs. Nach einer intensiven Wachstumsphase und im Kontext einer neuen Marktdynamik fokussieren wir uns verstärkt auf strategisches Portfolio Management. Damit werden die Portfolio-Erträge weiter optimiert und die Fonds an die neuen Marktbedingungen angepasst.

Wie gestaltet sich der Immobilienverkauf in der aktuellen Marktlage?
Sehr gut. Unser Plan, nicht-strategische Liegenschaften zu veräussern, hat bereits im Frühjahr 2023 begonnen und wird konsequent weiterverfolgt. Der Helvetica Swiss Commercial Fund hat Ende August erfolgreich eine der Liegenschaften aus dem Portfolio veräussert. Der Verkauf konnte rund 30 Prozent über dem Verkehrswert abgeschlossen werden, was ein Zeichen dafür ist, dass das Immobilienportfolio des HSC Fund fair bewertet ist. Die Verhandlungen für einen weiteren Verkauf sind weit fortgeschritten und sollen in Kürze abgeschlossen werden.

Stehen uns nach sieben boomenden Jahren im Immobilienmarkt, nun sieben magere Jahre bevor?
Das glaube ich nicht. Die Fundamentaldaten des Schweizer Immobilienmarktes sind zu solide, geprägt von geringem Angebot und hoher Nachfrage. Steigende Zinsen werden mittelfristig durch höhere Mieten ausgeglichen. Zudem prognostizieren die Märkte bereits wieder sinkende Zinsen für das nächste Jahr. Dann werden die Karten wieder neu verteilt. Der SNB-Zinsentscheid kommt uns daher sehr entgegen.

Eine Rezession wird es Ihrer Ansicht nach nicht geben?
Sehe ich nicht. Eine rückläufige Wirtschaftsentwicklung scheint mir mittelfristig eher unwahrscheinlich. Die Schweizer Wirtschaft kann Inflation und viel höhere Zinsen verkraften, ohne in eine langjährige Rezession abzudriften.

Welche Herausforderungen und Chancen sehen Sie im heutigen Markt?
Der Schweizer Immobilienmarkt befindet sich in einer Umstellungsphase. Investoren werden etwas vorsichtiger, sollten aber auch die sich bietenden Chancen erkennen. Die derzeitige Marktdynamik birgt vielleicht kurzfristige Herausforderungen, bietet aber auch attraktive Möglichkeiten für unterschiedliche Investorengruppen.

Die derzeitige Marktdynamik birgt kurzfristige Herausforderungen, bietet aber auch attraktive Möglichkeiten für unterschiedliche Investorengruppen.
Hans R. Holdener, Gründer von Helvetica

Einige an der Schweizer Börse gelistete Immobilienfonds, einschliesslich Ihres Helvetica Swiss Commercial Fund, weisen ein beträchtliches Disagio auf.
Das ist richtig. Diese Ausgangslage bietet aber auch Chancen. Der aktuelle Kurs widerspiegelt nicht den inneren Marktwert der Immobilien, was die jüngsten Veräusserungen aus dem Portfolio belegen. Zudem werden neue Mietverträge zu substanziell höheren Mietzinsen abgeschlossen, und Anleger profitieren vom Umstand, dass nahezu alle Mietverträge indexiert sind. Der HSC Fund bleibt ein starker Performer.

Erwarten Sie weitere Abwertungen im Immobilienmarkt?
Das schliesse ich nicht aus, trotz steigenden Mietzinsen, was eigentlich unlogisch wäre. Mitte 2023 haben wir Abwertungen von etwa einem Prozent in unseren Portfolios vorgenommen. Aufgrund der Zinserhöhungen schliessen wir weitere kleine Abwertungen nicht aus, jedoch eher im Wohnbereich, da dieser stärker gewachsen ist als der kommerzielle Sektor.

Wie sieht es mit indirekten Immobilienanlagen aus?
Nach dem Einbruch 2022 sind Immobilienfonds meiner Meinung nach äusserst attraktiv. Der SXI Real Estate Funds Broad Index hat 2022 fast 20 Prozent verloren, und sich 2023 kaum erholt, was eine seltene Kaufgelegenheit darstellt.

Die Helvetica Immobilienfonds zeigen eine starke Performance, aber auch eine höhere Fremdfinanzierungsquote als ihre Peers. Wie gehen Sie mit diesem Risiko um?
In einem konservativen Markt wie der Schweiz macht eine höhere Fremdfinanzierungsquote durchaus Sinn. Wir sind uns jedoch bewusst, dass wir im Vergleich zu anderen Anbietern und deren Produkten leicht über dem Durschnitt liegen. Helvetica verfolgt mit dem Verkauf von nicht-strategischen Liegenschaften konsequent die angekündigte Strategie, den Fremdfinanzierungsgrad der einzelnen Fonds zu senken und in Richtung eines eher konservativen Zielkorridors von Mittelfristig rund 25-28 Prozent zu bewegen.

Die Risiken des Schweizer Immobilienmarktes sind wie Segeln auf dem Zürichsee: ruhig, vorhersehbar und fast risikofrei.
Hans R. Holdener, Gründer von Helvetica

Warum setzen Sie in Ihren Fonds auf eine kurzfristige Finanzierung?
Historisch gesehen waren kurzfristige Zinsen über einen längeren Zeitraum hinweg günstiger. Im aktuellen Marktumfeld überdenken wir diese Strategie jedoch, da Investoren nach Stabilität suchen, auch wenn dies höhere Kosten verursacht und Auswirkungen auf die Ausschüttung hat.

Planen Sie weiterhin, auch den Helvetica Swiss Living Fund an die Börse zu bringen?
Wir halten an der geplanten Kotierung des Helvetica Swiss Living Fund bis spätestens Ende 2024 fest und bereiten die Vereinigung des Helvetica Swiss Opportunity Fund mit dem kotierten Helvetica Swiss Commercial Fund vor, um für unsere Anleger mehr Liquidität zu schaffen. Dies noch vorbehaltlich der Genehmigung durch die FINMA.

Kürzlich wurden einige personelle Veränderungen bekanntgegeben. Ist das auch Teil der Neuausrichtung?
Ja. Die konsequente Ausrichtung an eine neue Marktsituation geht auch mit personellen Veränderungen einher, die uns die Chance geben, mit neuen Kräften und neuen Ideen Helvetica weiterzuentwickeln. Die Geschäftsleitung wird schlanker und zum Teil neu besetzt, während das Portfolio optimiert und die Wertschöpfungskette durch Integration des Property Management erweitert wird. Unser Team, bestehend aus über 30 Fachleuten, ist sehr gut aufgestellt, um unsere strategischen Ziele zu erreichen.

Planen Sie, in der aktuellen Marktsituation weiter zu wachsen?
Eine unserer strategischen Prioritäten im aktuell herausfordernden Marktumfeld liegt auf der konsequenten Realisierung von Potenzialen in den Liegenschaften. Nebst der Prüfung von Ausnützungsreserven werden durch Erhöhung des Vermietungsstandes mit Neuvermietungen und Vertragsverlängerungen Potenziale freigesetzt. Gleichzeitig wachsen wir in der Breite des Angebots, indem wir das Property Management integrieren und somit die Wertschöpfungskette vertiefen. Wie erwähnt stehen im Moment Konsolidierung, Portfolio-Optimierung und Risikomanagement im Vordergrund. Dies erlaubt uns, gestärkt und mit frischen Ideen in die Zukunft zu gehen und unsere Positionierung als einer der führenden Real Estate Fund und Asset Management Firmen zu festigen.

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